Auf neun Routen durch das „Energieeffiziente Darmstadt“: Route 1
Exklusiv bei Darmstadt im Herzen: wir stellen Euch monatlich eine Route aus dem Stadtführer vor
Die Wissenschaftsstadt Darmstadt ist in jeder Hinsicht eine grüne Stadt. Dies beginnt bereits beim bloßen Blick auf die Stadtkarte und setzt sich nahtlos bei einem Spaziergang durch die vielen Grünanlagen, Parks und Waldflächen fort. Ökologische und energieeffiziente Projekte und nachhaltige Themen haben eine lange Tradition. Isolde Nees vom Weststadtverlag hat gemeinsam mit dem Umweltamt der Wissensschaftsstadt Darmstadt genau dieses genauer betrachtet und einen Stadtführer mit neun Routen durch das „Energieeffiziente Darmstadt“ entwickelt.
Heute: Route 1 Innenstadt
(Startpunkt Geokoordinaten: 49.872827,8.651211)
Unser Startpunkt ist der im Barock konzipierte Luisenplatz (J. H. Müller, 1791). Bereits 1804 war er vollständig umbaut. Nach der totalen Zerstörung im Krieg 1944 – allein die Ludwigssäule war stehen geblieben – wurde nur das Kollegiengebäude in alter Form wieder hergestellt. 1979 erhielt der Platz seine sternförmige und farbige Pflaster-Gestaltung. In der Mitte steht das Ludwigsmonument (Georg Moller, 1842-44). Es erinnert an Großherzog Ludwig I. und die unter seiner Herrschaft verabschiedete Hessische Verfassung. Oberhalb der Aussichtsplattform erhebt sich die Figur des Großherzogs (Schwanthaler) in Imperator Pose. Im Norden steht das Kollegiengebäude. Es entstand 1778-81 nach Plänen von Cancrin als Sitz der Ministerien. Die mittleren fünf der 15 Achsen des Hauses sind zu einem flachen Risalit zusammengefasst, der durch eine Balustrade und ein Postament mit liegendem Löwen bekrönt wird. Durch das Anwachsen der Landesteile (1803 und 1815) nahmen die Aufgaben der Ministerien zu. 1825 errichtete Georg Moller das Neue Kanzleigebäude als Rückbau mit Blick zum Mathildenplatz. Der vierstöckige Bau erinnert an Florentiner Renaissancepaläste: im Erdgeschoss Rundbogenfenster, rechteckige Fenster in den Obergeschossen, der Gebäudeabschluss mit ausladendem Kranzgesims und flachgeneigtem Dach.
Gegenüberliegend sehen wir das Luisencenter, das 1975-77 an Stelle des im Krieg zerstörten Alten Palais erbaut wurde. Hier befindet sich der Darmstadt Shop mit der Touristinformation und hier können auch Fahrräder mit Elektromotor ausgeliehen werden. Information für die Pedelecs in der Randspalte.
Links davon liegt die Luisenstraße und von hier gelangen wir zum Innenhof Carrée mit den Hallen des ehemaligen Elektrizitätskraftwerks (Franz Frenay, 1904). Das Kraftwerk war nur bis 1921 in Betrieb und beherbergte danach eine Schlosserei, andere Werkstätten und später auch eine Schaltwarte für Straßenbahnen. 1994 begannen die Bauarbeiten für eine vollkommen veränderte Bedeutung mit kulturellen Veranstaltungen und einer Markthalle. Zugleich wurde der Innenhof neu gestaltet und für Ladengeschäfte ausgebaut.
Durch die Luisenstraße können wir einen Abstecher zum Ludwigsplatz machen, wo sich der ENTEGA Point befindet. Hier können sich Kunden über das Angebot der ENTEGA und über das Energiesparprogramm informieren.
Auf dem Luisenplatz werfen wir noch einen Blick auf die beiden Springbrunnen (J. M. Olbrich, 1907) rechts und links der Straßenbahnen – der Luisenplatz ist der Dreh- und Angelpunkt des Personennahverkehrs – und betrachten in der Nordostecke das 1913 von H. Jobst geschaffene Liebig-Denkmal, das eine Verbindung von Wissenschaft und Natur demonstriert. Den nordöstlichen Abschluss der weiten Platzanlage bildet das Merck-Haus (Pabst und Schmitt, 1955) mit der 1654 gegründeten Merck‘schen Engel-Apotheke.
In nördlicher Richtung liegt der Mathildenplatz, der nach dem Mollerschen Bebauungsplan angelegt wurde. Ursprünglich war der Platz von Bäumen umstanden, er wurde 1908 zu einer Rasenfläche mit Mosaikpflaster gestaltet. Auf dem Abt Vogler-Denkmal (R. Henze, 1890) befindet sich die Bronzebüste des Komponisten und Musiklehrers Abt Georg Vogler, auf dem Sockel sind Reliefs seiner Schüler Giacomo Meyerbeer und Carl Maria von Weber zu sehen. Der Löwenbrunnen ist eine Arbeit von Franz Heger und stammt von 1824.
Vor uns erhebt sich der imposante Bau des Hessischen Landesmuseums. Am Ende des 19. Jahrhunderts beauftragte Großherzog Ernst-Ludwig den Architekten Alfred Messel (1853-1909) mit der Realisierung eines Museumsneubaus, der eine beträchtliche Zahl verschiedener Sammlungen aus den Bereichen der Kunst-, Kultur- und Naturgeschichte beherbergt. Eine solche Breite an Ausstellungsbereichen ist heute einzigartig unter den großen Museen Europas und verleiht dem Darmstädter Haus einen nahezu enzyklopädischen Charakter. Der Anbau von 1984 beheimatet die Gemäldegalerie. Von Pieter Brueghel und Peter Paul Rubens über Arnold Böcklin, August Macke und Max Liebermann umfasst sie ca. 440 ausgestellte Werke.
Wenn wir vor dem Landesmuseums stehen und einen Blick nach links werfen, dann sehen wir das Baumhaus von Ot Hofmann, der mit dem Hintergedanken einer Erhöhung der Lebensqualität in der Stadt ein ganz besonderes Gebäude geschaffen. In der begrünten Außenfassade sind unterschiedlichste Bewuchstypen von Efeu bis Kiefer wieder zu finden. Diese Bepflanzung dient gleichzeitig auch als Klimapufferung für die Gebäudehülle. Die Umkehrdächer mit einer Erdaufschüttung bestehen aus wasserundurchlässigem Stahlbeton, einer Dränschicht, Filterfließ, einem gestuftem Erdaufbau und dem Bewuchs. Früher wurden die Dächer auch zum Anbau von Gemüse und Kräutern genutzt. In der Dränschicht und zusätzlichen Wasserbecken wird Regenwasser zu Bewässerung des Bewuchses gespeichert. Ebenfalls in der Schleiermacherstraße befindet sich die INA Planungsgesellschaft.
Vom Friedensplatz aus betreten wir durch ein gusseisernes Tor das Residenzschloss Darmstadt, den ehemaligen Verwaltungssitz der Landgrafen und danach, von 1806 bis 1919, der Großherzöge von Hessen-Darmstadt. Die Ursprünge des Schlosses liegen in der Mitte des 13. Jahrhunderts, als die Grafen von Katzenelnbogen eine von einem breiten Graben umgebene Wasserburg errichteten und innerhalb der Anlage weiter ausbauten. 1567 zog Landgraf Georg I. hier ein. Eine bedeutende Erweiterung erhielt das Schloss unter Landgraf Ludwig VI, der zusätzlich zu den bereits vorhandenem Herrenbau, Weiße-Saal-Bau, Kirchenbau und Kaisersaalbau, den Glockenbau (J. W. Pfannmüller, 1663-71) errichten ließ. Das viergeschossige Gebäude zieren drei Giebel mit schwungvollen Voluten. Die offene Glockenstube des Turms enthält seit 1671 das Glockenspiel. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts beauftragte Landgraf Ernst Ludwig den Architekten Louis Remy de la Fosse den Plan einer neuen, gigantischen Schlossanlage vorzulegen.
Dieser sah den Abriss sämtlicher Altbauten vor, das Neue Schloss sollte ein Turm von 75m Höhe überragen. Im Schlossmuseum zeigt heute ein 1:50-Modell die meisterhafte Durcharbeitung des Projekts, das deutlich an das Schloss Versailles erinnert. Als de la Fosse 1726 starb, stand das Projekt erst im Rohbau fertig und die Ausführung blieb schließlich auf zwei Flügel beschränkt.
Seit Mitte des 13. Jahrhunderts umrundete ein breiter Graben das Schloss, Nachdem dieser trockengelegt worden war, wurde 1814 zunächst darin der Botanische Garten angelegt. Nach dessen Verlegung wurde der Schlossgraben weiterhin gärtnerisch genutzt und Mitte des 19. Jahrhunderts zum Landschaftsgarten umgestaltet. Nach dem 2. Weltkrieg blieb er für die Öffentlichkeit geschlossen und verwilderte zusehends bis schließlich die TU mit einer Sanierung nach historischen Vorbild begann. Der alte Baumbestand wurde erhalten und ergänzt, Wege wurden angelegt und ein kleiner Teich geschaffen. Seit 2014 ist die Parkanlage wieder öffentlich zugängig.
Wir verlassen das Schloss an der Südseite und stehen jetzt auf dem Marktplatz, der seit 1330 ein wichtiges Handelszentrum der Stadt und im 17. Jahrhundert auch der zentrale Gerichtsort war. Von der ehemaligen Bebauung ist nur das Alte Rathaus (J. Wustmann, 1590) nach der Zerstörung wieder aufgebaut worden. Markante Details der Renaissancearchitektur sind die geschweiften Giebel. Bis ins 16. Jahrhundert war der Marktbrunnen die einzige öffentliche Wasserversorgungsstelle in Darmstadt. Zunächst war der 1486 erstmals erwähnte Brunnen aus Holz, weshalb die Konstruktion des damals viereckigen Troges und die Zuleitung sehr reparaturanfällig waren. 1780 bis 1782 wurde die einfache hölzerne Form abgerissen und durch einen steinernen Brunnen nach dem Entwurf des Landesbaumeisters Johann Helfrich Müller ersetzt.
Gleich daneben erhebt sich die Stadtkirche. Der Bau geht auf eine Marienkapelle zurück, die bald nach der Stadtrechtsverleihung zur Stadtkirche erhoben wurde. Von der Kapelle hat sich nur der Unterbau des Turms erhalten. Das Langhaus entstand in der Spätgotik um 1430. Mit der Einführung der Reformation wurde aus der Liebfrauenkirche die Lutherische Stadtkirche. Landgraf Georg I. wählte sie zur Grablege seines Hauses und richtete unter dem Chor die Fürstengruft ein.
Wir kehren zum Marktplatz zurück, wenden und vor dem Schloss nach rechts und gehen entlang des Schlossgrabens. Bald sehen wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Darmstadtium, ein Gebäudezentrum mit Kongresssaal, Konferenzräumen und Restaurants. Geschickt haben die Architekten hier den Höhenunterschied über dem Rheintalgraben von 8m Gefälle überbaut und zugleich in der Eingangshalle einen Teil der alten Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert integriert. Außergewöhnlich ist die polygonale Form des Gebäudes, was die Jury mit einem ‚Stakkato der spannungsvollen Räume’ bezeichnete.
Wir gehen die Alexanderstraße ostwärts und werfen einen Blick auf die barocken Bauten mit den reich geschmückten Volutengiebeln der Alten Vorstadt von 1593. Erbaut wurden die Häuser für höfische Beamten. Nachdem Georg I. seine Residenz nach Darmstadt verlegt hatte, musste für den umfangreichen Verwaltungsapparat eine Unterbringung geschaffen werden.
Wir wenden uns nach links in die Magdalenenstraße und sehen rechts den Neubau der Landes- und Hochschulbibliothek. Der Haupteingang befindet sich am Campusplatz und erschließt mit einem zweigeschossigen öffentlichen Foyer sowohl den zentralen Eingangsbereich der Bibliothek mit Zugangskontrolle, Bücherausgabe und zentraler Information, als auch das ‚Hanggeschoss‘ mit Café, Ausstellungsbereich und Vortragssaal.
Gegenüber hat die TU dem historischen Vorbild entsprechend ein Kinderhaus gebaut. Zur Straße hin zweigeschossig, giebelständig und mit Schweifgiebel, das durch einen transparenten Zwischenbau mit einem Riegelbau im Innenhof verbunden ist.
Noch ein Stück die Magdalenenstraße entlang stehen wir vor dem Maschinenhaus (G. Wickop, 1904), dessen Bauschmuck dem Jugendstil zuzuordnen ist. Das Maschinenhaus versorgte nicht nur die TU mit elektrischer Energie, sondern diente zugleich als Maschinenbaulaboratorium. Als 2001 das Blockheizkraftwerk auf der Lichtwiese fertiggestellt wurde, verlor das Gebäude seine Nutzung als Kraftwerk, ein Drittel wird jedoch weiterhin für die Verteilerinfrastruktur für Strom, Wärme und Kommunikation des Campus Stadtmitte genutzt. Die anderen zwei Drittel des Maschinenhauses sind ein Hörsaal- und Seminargebäude.
Und in der nächsten Ausgabe zeigen wir euch:
Route 2 – Westliche Stadtmitte
Vom Wilhelminenplatz vorbei am Staatstheater in die „Mollerstadt“. Durch die Grafenstraße, dann entlang der Rheinstraße bis zur Berliner Allee und hier bis zur Holzhofallee und dem „Haus der Energie“.
Alle Routen, nützliche Zusatzinfos und Details zu einzelnen Projekte gibt es hier:
Stadtführer „Energieeffizientes Darmstadt“
Herausgeber: Umweltamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Weststadt Verlag
Der Stadtführer ist im Darmstadt-Shop auf dem Luisenplatz sowie in der RMV-Zentrale vor dem Hauptbahnhof erhältlich und kann über den Buchhandel bestellt werden.
ISBN 978-3-940179-30-2, VKP 9,95 €
Copyright:
© 2017 Weststadtverlag, Isolde Nees
Bildquellen
- Route 1 Energieeffizientes Darmstadt: Stadtkartographie Darmstadt / Vermessungsamt
- Luisenplatz: Darmstadt Marketing, Simone Sündermann
- Mathildenplatz: Darmstadt Marketing
- Schlossgraben: Darmstadt Marketing, Agnes Allig
- Darmstadtium: Darmstadt Marketing, Agnes Allig